2.9.1 Arabische Musik

Dieser Abschnitt zeigt Möglichkeiten, wie arabische Musik notiert werden kann.


Referenz für arabische Musik

Arabische Musik wurde bisher vor allem mündlich tradiert. Wenn Musik transkribiert wird, handelt es sich meistens um ein Gerüst, auf dem der Musiker eigene Improvisationen ausführt. Mehr und mehr wird die westliche Notation mit einigen Veränderungen benutzt, um die arabische Musiktradition weiterzugeben und zu konservieren.

Einige Elemente der westlichen Notation wie etwa die Transkription von Akkorden oder eigenständige Stimmen werden für die traditionelleren arabischen Noten nicht benötigt. Es gibt allerdings einige andere Probleme, wie etwa die Notwendigkeit, Zwischenintervalle zu notieren, die sich irgendwo zwischen einem Halbton und einem Ganzton befinden. Daneben werden auch die westlichen Halb- und Ganztöne eingesetzt. Es muss auch möglich sein, eine große Anzahl an maqam (Modi) der arabischen Musik zu bezeichnen und zu gruppieren.

Üblicherweise müssen Mikrotöne in der arabischen Musik nicht präzise notiert werden.

Einige Bereiche, die für die arabische Notation wichtig sind, sind an anderer Stelle behandelt:

Siehe auch

Notationsreferenz: Notenbezeichnungen in anderen Sprachen, Tonartbezeichnung, Manuelle Balken.

Schnipsel: Weltmusik.


Arabische Notenbezeichnungen

An der arabischen Tradition orientierte Notenbezeichnungen können sehr land sein und eignen sich daher nicht gut für die Notation von Musik. Sie werden nicht benutzt. Englische Notenbezeichnungen hingegen sind in der arabischen Musikerziehung recht unbekannt, weshalb italienische Notenbezeichnungen (do, re, mi, fa, sol, la, si) eingesetzt werden. Modifikatoren (Versetzungszeichen) können auch benutzt werden, wie gezeigt in Notenbezeichnungen in anderen Sprachen.

Hier ein Beispiel der arabischen rast-Tonleiter:

\include "arabic.ly"
\relative do' {
  do re misb fa sol la sisb do sisb la sol fa misb re do
}

[image of music]

Das Symbol für das Halb-B sieht anders aus als das Symbol, was üblicherweise in arabischer Notation benutzt wird. Das \dwn-Symbol, das in der Datei arabic.ly definiert ist, kann als ein Workaround eingesetzt werden, wenn es notwendig ist, das arabische Symbol zu benutzen. Das Aussehen des Halb-Bs in den Vorzeichen kann mit dieser methode nicht verändert werden.

\include "arabic.ly"
\relative do' {
  \set Staff.extraNatural = ##f
  dod dob dosd \dwn dob dobsb dodsd do do
}

[image of music]

Siehe auch

Notationsreferenz: Notenbezeichnungen in anderen Sprachen.

Schnipsel: Weltmusik.


Arabische Tonarten

Neben den westlichen Dur- und Moll-Tonarten sind folgende Tonarten in arabic.ly definiert: bayati, rast, sikah, iraq und kurd. Diese Tonarten definieren eine kleine Gruppe von Maqams, die weitverbreitet sind.

Ein Maqam kann die Tonart der Gruppe benutzen, zu der er gehört, oder die einer benachbarten Gruppe. Zusätzlich können verschiedene Versetzungszeichen in den Noten markiert werden.

Um also etwa die Tonart des Maqams „muhayer“ folgendermaßen notiert:

\key re \bayati

re ist die Tonhöhe für den „muhayer“-Maqam und bayati ist die Bezeichnung des Basismaqams der Gruppe.

Während die Vorzeichen eine Gruppe anzeigen, wird meistens der eigentliche Maqam im Titel definiert. In diesem Beispiel müsste also der „muhayer“-Maqam im Titel erscheinen.

Andere Maqams derselben Bayati-Gruppe, wie in der Tabelle unten gezeigt ((bayati, hussaini, saba und ushaq) können auf die gleiche Weise notiert werden. Sie sind alle Variationen des Grundmaqams Bayati. Sie unterscheiden sich üblicherweise vom grundlegenden Maqam in ihrem oberen Tetrachord oder in bestimmten Einzelheiten, die aber nicht ihre eigentliche Qualität verändern.

Der andere Maqam der gleichen Gruppe (Nawa) ist mit bayati durch eine Modulation verwandt, deren Grundton in der Tabelle angezeigt wird, wenn es sich um einen Maqam handelt, der eine Modulation eines anderen Maqams darstellt. Nawa kann folgenderweise notiert werden:

\key sol \bayati

In der arabischen Musik ist ein Begriff wie bayati, der eine Maqam-Gruppe bezeichnet, gleichzeitig auch selber ein Maqam, meistens der häufigste dieser Gruppe.

Hier ist eine Möglichkeit, Maqams zu gruppieren, womit die häufigsten Maqams bestimmten Vorzeichen zugeordnet werden:

Maqam-Gruppe

Vorzeichen (\key)

Finalis

Andere Maqams der Gruppe (Finalis)

ajam

major

sib

jaharka (fa)

bayati

bayati

re

hussaini, muhayer, saba, ushaq, nawa (sol)

hijaz

kurd

re

shahnaz, shad arban (sol), hijazkar (do)

iraq

iraq

sisb

-

kurd

kurd

re

hijazkar kurd (do)

nahawand

minor

do

busalik (re), farah faza (sol)

nakriz

minor

do

nawa athar, hisar (re)

rast

rast

do

mahur, yakah (sol)

sikah

sikah

misb

huzam

Ausgewählte Schnipsel

Untypische Tonarten

Der üblicherweise benutzte \key-Befehl setzt die keySignature-Eigenschaft im Staff-Kontext.

Um untypische Tonartenvorzeichen zu erstellen, muss man diese Eigenschaft direkt setzen. Das Format für den Befehl ist eine Liste: \set Staff.keySignature = #`(((Oktave . Schritt) . Alteration) ((Oktave . Schritt) . Alteration) ...) wobei für jedes Element in der Liste Oktave die Oktave angibt (0 ist die Oktave vom eingestrichenen C bis zum eingestrichenen H), Schritt gibt die Note innerhalb der Oktave an (0 heißt C und 6 heißt H), und Alteration ist ,SHARP ,FLAT ,DOUBLE-SHARP usw. (Beachte das beginnende Komma.)

Alternativ kann auch jedes Element der Liste mit dem allgemeineren Format (Schritt . Alteration) gesetzt werden, wobei dann die Einstellungen für alle Oktaven gelten.

Hier ein Beispiel einer möglichen Tonart für eine Ganztonleiter:

\relative c' {
  \set Staff.keySignature = #`(((0 . 3) . ,SHARP)
                               ((0 . 5) . ,FLAT)
                               ((0 . 6) . ,FLAT))
  c4 d e fis
  aes4 bes c2
}

[image of music]

Siehe auch

Notationsreferenz: Tonartbezeichnung.

Handbuch zum Lernen: Versetzungszeichen und Tonartbezeichnung (Vorzeichen).

Referenz der Interna: KeySignature.

Schnipsel: Weltmusik, Tonhöhen.


Arabische Taktarten

Einige klassische Formen der arabischen und türkischen Musik wie etwa Semai haben ungewöhnliche Taktarten wie etwa 10/8. Das kann dazu führen, dass die automatische Bebalkung der Noten nicht zu dem Ergebnis kommt, welches in der üblichen Notation dieser Musik eingesetzt wird. Die Noten werden nicht anhand einer Taktzeit, sondern anhand von Kriterien gruppiert, die man schwer mit einer automatischen Balkenfunktion erfassen kann. Das kann umgangen werden, indem die automatische Bebalkung ausgeschaltet wird und die Balken explizit gesetzt werden. Auch wenn es nicht darauf ankommen sollte, eine schon notierte Musik nachzuahmen, ist es in vielen Fällen dennoch erforderlich, die Bebalkung anzupassen und/oder zusammengesetzte Taktarten zu benutzen.

Ausgewählte Schnipsel

Zusammengesetzte Taktarten

Ungerade Taktarten werden (wie etwa "5/8") werden oft als zusammengesetzte Taktarten interpretiert (bspw. "3/8 + 2/8"), in welchen zwei oder mehr Teiltakte unterschieden werden. LilyPond kann derartige Noten produzieren, indem entsprechende Taktarten gesetzt werden und die automatische Bebalkung angepasst wird.

#(define ((compound-time one two num) grob)
  (grob-interpret-markup grob
    (markup #:override '(baseline-skip . 0) #:number
      (#:line (
          (#:column (one num))
          #:vcenter "+"
          (#:column (two num))))
      )))

\relative c' {
  \override Staff.TimeSignature #'stencil = #(compound-time "2" "3" "8")
  \time 5/8
  #(override-auto-beam-setting '(end 1 8 5 8) 1 4)
  c8 d e fis gis
  c8 fis, gis e d
  c8 d e4 gis8
}

[image of music]

Arabic improvisation For improvisations or taqasim which are temporarily free, the time signature can be omitted and \cadenzaOn can be used. Adjusting the accidental style might be required, since the absence of bar lines will cause the accidental to be marked only once. Here is an example of what could be the start of a hijaz improvisation:

\include "arabic.ly"

\relative sol' {
  \key re \kurd
  #(set-accidental-style 'forget)
  \cadenzaOn
  sol4 sol sol sol fad mib sol1 fad8 mib re4. r8 mib1 fad sol
}

[image of music]

Siehe auch

Notationsreferenz: Manuelle Balken, Automatische Balken, Musik ohne Metrum, Automatische Versetzungszeichen, Einstellung von automatischen Balken, Taktangabe.

Schnipsel: Weltmusik.


Arabische Notenbeispiele

Hier eine Vorlage, welche den Beginn eines türkischen Semai benutzt, der in der arabischen Musikerziehung oft herangezogen wird, um Besonderheiten der arabischen Musiknotation, wie etwa Zwischenintervalle und ungewöhnliche Modi, zu illustrieren.

\include "arabic.ly"
\score {
  \relative re' {
    \set Staff.extraNatural = ##f
    \set Staff.autoBeaming = ##f
    \key re \bayati
    \time 10/8

    re4 re'8 re16 [misb re do] sisb [la sisb do] re4 r8
    re16 [misb do re] sisb [do] la [sisb sol8] la [sisb] do [re] misb
    fa4 fa16 [misb] misb8. [re16] re8 [misb] re  [do] sisb
    do4 sisb8 misb16 [re do sisb] la [do sisb la] la4 r8
  }
  \header {
    title = "Semai Muhayer"
    composer = "Jamil Bek"
  }
}

[image of music]

Siehe auch

Schnipsel: Weltmusik


Weitere Literatur

  1. The Music of the Arabs von Habib Hassan Touma (Amadeus Press, 1996) enthält eine Beschreibung von Maqams und Methoden zu ihrer Gruppierung.

    Es gibt auch einige Internetseiten, die Maqams erklären und teilweise auch Klangdateien zur Verfügung stellen:

    Die Maqam-Gruppierungen unterscheiden sich in einigen Details, auch wenn die allgemeinen Kriterien weithin anerkannt sind: gemeinsame untere Tetrachorde sowie Modulation.

  2. Es gibt keine Übereinstimmung darüber, wie die Vorzeichen für bestimmte Maqams angegeben werden sollen. Oft wird eine Vorzeichenart für eine ganze Maqam-Gruppe verwendet, anstatt dass jeder Maqam eigene Vorzeichen hätte.

    Oud-Lehrbücher folgender Autoren enthalten Beispiele vor allem türkischer und arabischer Kompositionen:

    • Charbel Rouhana
    • George Farah
    • Ibrahim Ali Darwish Al-masri

Andere Sprachen: English, español.

Notation Reference